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Finanzierungsstruktur

Mit Finanzierungsstruktur (Kapitalstruktur) bezeichnet man die nach einem oder mehreren Kriterien beurteilte Zusammenset zung der Passivseite der Bilanz eines Unternehmens. Mögliche Beurtei lungskriterien sind die Kapitalbin dungsdauer, Haftungsumfang, Verzinsung, steuerliche Behandlung u. a. Das am häufigsten angewandte Beurteilungskriterium für Finanzierungsmittel ist die Rechtsstellung der Kapitalgeber (Eigentümer oder Gläubiger). Danach unterscheidet man Eigenkapital und Fremdkapital. Als Finanzierungsstruktur bezeichnet man i. d. R. die Kombination von Eigen und Fremdkapital auf der Passivseite einer Bilanz. Ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung über die Aufnahme von Eigenkapital oder Fremdkapital sind die Kapitalkosten der beiden Finanzierungsarten. Der traditionellen Anschauung zufolge sind Eigenkapitalkosten höher als Fremdkapitalkosten, außerdem steigen sie bei wachsendem Verschuldungsgrad schneller als die Fremdkapitalkosten. Unter diesen Annahmen gibt es einen optimalen Verschuldungsgrad, bei dem die Gesamtkapitalkosten minimal sind. Dieser Punkt markiert die für das Unternehmen optimale Finanzierungsstruktur Steigende Eigenkapital kosten bei wachsendem Verschuldungsgrad haben ihre Ursache in dem steigenden LeverageRisiko, da bei steigendem Verschuldungsgrad die Gefahr wächst, daß die vertraglich vereinbarten Fremdkapitalzinsen nicht mehr aus dem erwirtschafteten Ertrag gezahlt werden können. Für dieses Kapital und Ertragsrisiko verlangen die Eigenkapitalgeber mit steigendem Verschuldungsgrad eine höhere Rendite. Der steigende Fremdkapitalkostensatz wird mit wachsendem Liquiditäts und Rentabilitätsrisiko bei höherem Verschuldungsgrad begründet. Im Gegensatz dazu steht die von Modigliani und Miller aufgestellte These, daß die Ge samtkapitalkosten über alle Verschuldungsgrade konstant sind und es da her keinen optimalen Verschuldungsgrad bzw. keine optimale Finanzierungsstruktur gibt. Modigliani und Miller begründen die Konstanz der Gesamtkapitalkosten mit der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes, die bewirkt, daß die mögliche Verringerung des Kapitalkostensatzes durch die Substitution von teuerem Eigenkapital durch billigeres Fremdkapital von der Steigerung der Eigenkapitalkosten wegen des höheren Leveragerisikos gerade kompensiert wird (Leverage-Effekt).

Unterschiedliche Finanzierungsstrukturen im Euro-Währungsraum gelten als Störpotential für die einheitliche Geldpolitik. Die Unterschiede betreffen insbesondere das Gewicht der Geschäftsbanken gegenüber anderen Finanzierungsinstitutionen (Kreditkanal) sowie die Fristigkeit der Finanzierung (einschließlich der damit einhergehenden Einkommens- und Vermögenseffekte). Je geringer das Gewicht von Geschäftsbanken in einzelnen Mitgliedsländern ist, desto größer ist zugleich der Kreis von Finanzierungsinstitutionen, die nicht im direkten Einflußbereich des Eurosystems stehen.

Die Fristigkeit der Finanzierung ist für die Durchschlagskraft der Geldpolitik deshalb wichtig, weil der geldpolitische Anknüpfungspunkt des Eurosystems die kurzfristigen Geldmarktzinsen bilden. Ihre Wirkung auf die Kapitalmarktzinsen (Substitutionseffekte) kann z.B. von Inflationserwartungen (Erwartungskanal) durchkreuzt werden, erfordert aber zumindest Zeit. In Ländern mit vorherrschend langfristiger Finanzierung (z.B. Deutschland) wirkt ein bestimmter geldpolitischer Impuls daher verzögert — und möglicherweise schwächer — als in Ländern (z.B. Italien), in denen kurzfristige Finanzierungsformen dominieren.

Inwieweit unterschiedliche Finanzierungsstrukturen im Endeffekt unterschiedliche Wirkungen in den einzelnen Mitgliedsländern begründen, hängt von ihrer jeweiligen Ausprägung ab. So ist die Wirksamkeit geldpolitischer Impulse etwa in Italien und Spanien, wo eine Dominanz der Geschäftsbanken im finanziellen Sektor mit relativ hohem Gewicht kurzfristiger Finanzierung einhergeht, höher einzuschätzen als in Deutschland, wo die starke Position der Geschäftsbanken mit vornehmlich langfristiger Finanzierung gekoppelt ist. Eine mit Deutschland vergleichbare Wirkung könnte sich (im Beitrittsfalle) für Großbritannien einstellen, da dort eine stärkere Bedeutung kurzfristiger Finanzierung mit einer schwächeren Position der Geschäftsbanken im finanziellen Sektor verbunden ist.

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